1.68M
Категория: ИсторияИстория

Schneider, Struggle for Child Friendly School in Germany

1.

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The classroom
from the late 19 th centu ry
until the present day
Thomas Muller I Romana Schneider

3.

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f
Das muhsame Ringen um die
kindgerechte Schule in Deutschland
The long struggle for the
child-friendly school in Germany
Romana Schneider
1 Muster-Klassenzimmer,
Model classroom, by
nach Friedrich von Esmarch,
Friedrich von Esmarch,
um 1900
around 1900
Links: fortschrittliche Mob­
Left: progressive furnishing
Iierung mit zweisitzigen
with two-seater desks,
Schulbanken, rechts die
right: furnishing with three­
Einrichtung mit dreisitzigen
and four-seater desks
und viersitzigen Banken
2 Eppendorfer Realschule,
Middle school in Eppendorf,
Hamburg,1904
Hamburg, 1904
[flin
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Um 1900 erscheint Das Jahrhundert des Kindes,
verfasst von der Lehrerin Ellen Key, ein revo­
lutionares Buch mit programmatischem Tite/.
Ihre Padagogik vom Kinde aus steht in scharf­
ster Opposition zur uberkommenen Schule
und Gesellschaft. Aufgabe des Erziehers sei es,
gerade nicht zu erziehen, sondern wachsen
und die Natur sich selbst entfalten zu lassen,
so die schwedische Autorin.lln der ersten
deutschen Demokratie wird im Jugend­
wohlfahrtsgesetz von 1922 das "Recht auf
Erziehung zur leiblichen, seelischen und
gesellschaftlichen Tuchtigkeit" verankert, das
dann im wiedervereinigten Deutschland 1991
bei der Neuordnung des Kinder- und Jugend­
hilferechts Grundlage werden wird fUr den
Passus "Recht auf Erziehung zu einer eigen­
verantwortlichen und gemeinschaftsfahigen
Personlichkeit") Eine konsequente Umsetzung
In 1900, The Century of the Child was
published. This revolutionary book with its
programmatic title was written by Ellen Key, a
Swedish teacher. Her child-centred
educational theory stood in diametric
opposition to conventional ideas about school
and society. In her view, education's job was
notto intervene but to educate in the true
sense of the word, i.e. to draw out what is
already there, and facilitate children's natural
growth and development.Iln Germany's first
democracy, a youth welfare act passed in 1922
enshrined the "Right to be educated in physi­
cal, emotional and social competence," which
in 1991 then became the basis for the passage
in the reunified Germany's recast legislation
on children's and young people's welfare,
which stipulated the "right to be educated
to become autonomous and contributing
DIE VERTEILUNG DER SCHULER
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7,nm. X &.10m.
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members ofthe community."2 However, the
new educational ideas and the statutory
children's rights are still a long way from
systematic implementation in school life.
The foundation ofthe German Empire in
1871, a time of rapid industrialisation and
urbanisation, saw the country's first universal
and differentiated provision of schooling by
the state. A system with three types of school
evolved: primary. middle and secondary
school. They were housed mostly in multi­
storey buildings, concerned purely with
functionality with no regard at all for archi­
tectural quality. especially the numerous
primary schools built around this time in the
working class districts of the expanding towns
and cities. They were modelled on military
barracks or monasteries. The classrooms were
strung along either side of gloomy corridors.
There were no specialist teaching rooms and
no pleasant schoolyards for the children to
play in.
der neuen padagogischen Ideale wie der ge­
setzlich festgeschriebenen Kinderrechte im
schulischen Alltag ist jedoch bis heute bei
we item noch nicht erreicht.
Nach der Grundung des Deutschen Reichs
1871, einer Epoche der rasanten Industriali­
sierung und Verstadterung mit groBen sozi­
alen Problemen, wird in Deutschland erstmals
eine flachendeckende und differenzierte
Schulversorgung durch den Staat bereitge­
stellt. Drei Schularten bilden sich heraus: die
Volksschule, die Mittelschule und die hohere
Schule. Vor allem die vielen Volksschulen, die
in den Arbeitervierteln der anwachsenden
stadte errichtet werden, sind architektonisch
anspruchslose mehrstockige Zweckbauten,
abgeleitet vom Vorbild Kaserne oder Kloster,
in denen die Klassenraume zu beiden Seiten
entlang dusterer Korridore angeordnet sind.
Zunachst gibt es vor allem in den Volksschulen
noch keine Spezialraume. Auch freundliche
Schulhofe oder Spielplatze fehlen.
Reformschulen 1890-1914
Gegen das starre System staatlicher und
wirtschaftlicher Machtentfaltung entwickelt
sich um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhun­
dert eine Reformbewegung, die aile Bereiche
des Lebens erfasst. Eine vielgestaltige reform­
padagogische Bewegung kampft gegen das
Erbe des 19. Jahrhunderts, gegen autoritaren
Erziehungs- und Unterrichtsstil und die Aus­
lieferung des jungen Menschen an eine un­
erbittliche Erwachsenenwelt. Der Aufbruch
gegen die Unterdruckung von Gemut und
Fantasie gegen die nivellierenden und ent­
personlichenden Tendenzen wird angefUhrt
von der Kunsterziehungsbewegung, die
schopferische Kraft und personliche Eigenart
als Grundlage fUr Menschenbildung ansieht.
Beruhmte Vertreter sind August Julius Lang­
behn, der 1889 das einflussreiche Werk Rem­
brandt als Erzieher veroffentlicht, Ferdinand
Avenarius, der Grunder der Zeitschrift Kunst­
wart, oder Alfred Lichtwark, Direktor der Ham­
burger Kunsthalle, der zuvor selbst Volks­
schullehrer war. Ihre Ziele finden spater Aus­
druck unter anderem in der EinfUhrung von
Zeichensalen in den Schulen.
Die Arbeitsschulbewegung wendet sich
gegen die auf Rezeption abgestellte ,Lern­
schule' und betont insbesondere das Prinzip
der Selbsttatigkeit, sei es in geistiger, hand­
arbeitlicher oder berufsvorbereitender Hin­
sicht. Der in Munchen als Schulrat wirkende
Padagoge Georg Kerschensteiner ist einer der
Vorkampfer des in den USA entwickelten
Prinzips der ,Arbeitsschule', die auf den Philo­
sophen und Padagogen John Dewey zuruck­
geht. Auf sein Bestreben hin wird seit 1895
The educational reform movement 1890-1914
Around the turn of the 20th century, a reform
movement covering all areas of life grew up in
opposition to the rigid structures that gave
exclusive power to the government and in­
dustry. A multifaceted movement for educa­
tional reform fought against the legacy of
the 19th century, against the authoritarian
educational theory and teaching styles that
churned out young people who were totally
unequipped to deal with the relentless adult
world. The revolt against the stifling of
children's spirit and imagination, against
tendencies to depersonalise children and
I stamp out their individuality was led by the
~ art education movement, which regarded
creativity and uniqueness as the basis for
human development. Famous representatives
ofthis movement include Julius Langbehn,
who published his influential book Rembrandt
als Erzieher in 1889, Ferdinand Avenarius,
founder of the journal Kunstwart, and Alfred
Lichtwark, who had been a primary school
teacher before becoming director of Ham­
burger Kunsthalle. Their aims were later re­
flected in the introduction of drafting rooms
to schools, for example.
The adherents of the Arbeitsschule objected
to the traditional idea of school as a place for
passive learning and instead emphasised the
~ principle of self-directed activity, be it in the
intellectual sense, in practical work or voca­
tiona I learning. Georg Kerschensteiner, an
educationalist working as a schools inspector
in Munich, is one ofthe early pioneers of the
Arbeitsschule or active school principle de­
veloped in the USA, which has its roots in the
I
1
30
Das muhsame Ringen um die kindgerechte Schule in Deutschland
31
The long struggle forthe child-friendly school in Germany

4.

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Gebaude der Odenwald­
Odenwald School,
:hule, Heppenheim
Heppenheim
n der BergstraBe
Photo from 1935
ufnahme von 1935
Entwurf fur ein Reform­
das Schulwesen in Munchen neu organisiert.
Werkstattunterricht, Handarbeit, Zeichnen,
Turnen, Schulkuche sowie Biologie im Schul­
garten finden Eingang in den Lehrplan.
Eine dritte Stri:imung will nicht nur den
Unterricht, sondern das ganze Schulleben
umgestalten. Gegen die ,Massenschule'
entstehen nach der Jahrhundertwende die
ersten Inseln der Erziehung (als Internate)
auBerhalb der burgerlichen Gesellschaft:
Lebensgemeinschaftsschulen, Kinderrepu­
bliken 3 und Landerziehungsheime, in denen
sittliche (Selbst-)Erziehung, Ki:irperkultur und
praktisches Arbeiten, aber auch Kunstunter­
richt und kunstlerische Betatigung einen
hohen Wert haben. Ein bedeutendes Beispiel
ist die 1910 von Paul und Edith Geheeb ge­
grundete Odenwaldschule, die noch heute
existiert.
Vor allem bei der Errichtung neuer Wohn­
quartiere in deutschen GroBstadten wie
Berlin, Hamburg oder Munchen kommt es
vor dem Ersten Weltkrieg zur Realisierung so
genannter Reformarchitektur, die in Abkehr
vom wilhelminischen Protz fur ein sachliches,
heimatverbundenes Bauen steht sowie fUr
den bewussten und sparsamen Umgang mit
Werkstoffen und Ornamenten. Die Reform­
architekten weisen dem Schulbau die Funk­
tion eines geistigen Zentrums an prominenter
Stelle der Siedlung zu. Dass ein Schulhaus und
nicht eine Kirche oder ein Verwaltungsbau
einen Stadtteil architektonisch akzentuiert, ist
ein erstes wichtiges Anzeichen fur die neue
Bedeutung, die der Erziehung und damit der
Bauaufgabe Schule seit der Wende vom 19.
zum 20.Jahrhundert eingeraumt wird.
ideas of philosopher and educationalist John
Dewey. As a result of Kerschensteiner's en­
deavours, the school system in Munich began
to be reorganised in 1895. Workshop lessons,
handicrafts, drafting, gymnastics, cookery and
biology lessons in the school garden were all
incorporated into the curriculum.
A third movement sought to reorganise not
only teaching but school life in general. The
turn of the century saw the first "islands of
education" (in the form of boarding schools)
being set up outside bourgeois society in
opposition to the schools for the masses.
They took various forms: Lebensgemeinschajts­
schulen or school communities, children's
republics 3 and Landerziehungsheime or
country boarding schools, in which (autono­
mous) moral education, "physical culture" and
practical work were highly valued, as were art
lessons and artistic activity. An important
example of this is the Odenwaldschule set up
in 1910 by Paul and Edith Geheeb. It is still in
existence today.
Particularly when new residential districts
were built in German cities such as Berlin,
Hamburg and Munich before the First World
War, what was known as "reform architecture"
was built, which rejected Wilhelmine osten­
tation in favour offunctional vernacular archi­
tecture that used materials and ornament
consciously and economically. Reform-minded
architects put school buildings in a prominent
place in the housing estate and gave them the
role of an intellectual centre. The fact that a
school building and not a church or govern­
ment building should be an architectural
landmark in a neighbourhood is one of the
Design sketch for a class­
:hulzimmer in Deutsch­
room in a reform-based
'nd, um 1900
school in Germany, around
Die verschiedenen padagogischen Reform­
ansatze werden von den Reformarchitekten
architektonisch in ein differenziertes Raum­
programm bei neuen Schulbauten umgesetzt.
Fortan sind in modernen Schulen neben den
Klassenraumen auch Aulen, Turnhallen,
Zeichensale, Werkraume, Spezialklassen fur
naturwissenschaftliche Facher und Schul­
garten vorgesehen. Hinzu kommt das Ziel, die
neuen Schulen freundlicher, wohnlicher und
kunstlerisch anspruchsvoll zu gestalten. Auch
die Wichtigkeit von naturlichem Licht und
Grun, von Farbe und Materialien wird bereits
urn die Jahrhundertwende von Padagogen,
Architekten und Arzten ausdrucklich betont.
Nicht weniger Bedeutung hat die zum Teil
heftig gefUhrte Auseinandersetzung uber die
Ausstattung neuer Schulen mit funktions­
gerechtem Mobiliar, vor allem mit ergono­
misch gestalteten Schulbanken. Auch uber
Fragen fortschrittlicher Heiz- und Beluftungs­
systeme oder gesundheitsfi:irdernde Hygiene­
maBnahmen wird debattiert.
Die eindrucksvollen Beispiele traditions­
gebundener Neubauten der Vorkriegszeit
decken jedoch bei weitem nicht den Bedarf.
Ihre "Iiebenswurdige" (Fritz Schumacher), vom
Wohnhaus abgeleitete Architektur kann
zudem nicht uber die obrigkeitsstaatliche
Erziehungspolitik hinwegtauschen, die in
krassem Widerspruch zu reformpadago­
gischen Prinzipien steht. In den 1920er Jahren
findet die so genannte Reformschule bei den
Architekten des Neuen Bauens wenig Gnade.
Sie kritisieren die neuen Massenschulen als
,Schulpalaste', monumentale Bauten mit
vorrangig stadtebaulicher Absicht, die Heiter­
keit und Zwanglosigkeit sowiejede Beziehung
zum kindlichen MaBstab beispielsweise in der
Bemessung und Aufteilung der Fenster und
Turen vermissen lassen. 4
1900
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Demokratische Schulen 1919-1933
Die Weimarer Verfassung von 1919 legt erst­
mals die fUr aile Kinder verbindliche Grund­
schule fest. Auf ihr soli sich das mittlere und
hi:ihere Schulwesen aufbauen. Die neue
republikanische Verfassung enthalt in Artikel
148 auch die Forderung, dass in allen Schulen
nicht nur staatsburgerliche Erziehung, son­
dern auch Arbeitsunterricht, also Gruppen­
unterricht stattfinden solie. Damit wird einer
der wichtigsten Reformgedanken zum ersten
Mal gesetzlich verankert. s
Der Erste Weltkrieg hat in Deutschland
kaum Schulbauten zersti:irt, und die folgen­
den, wirtschaftlich schwierigen Jahre ver­
zi:igerten die langst uberfallige Errichtung
neuer Schulen. Der starkere Reformimpuls
der 1920er Jahre hatte so nicht die Chance
first important indications of the new signifi­
cance that education, and therefore the brief
of designing schools, had acqUired since the
tu rn of the 20 th centu ry.
The reform-minded architects took the
different approaches to educational reform
and translated them into a differentiated
schedule of accommodation for the new
school buildings. From now on modern
schools would have not just classrooms, but
also assembly halls, gymnasiums, drafting
rooms, craft rooms, specialist teaching rooms
for science subjects, and school gardens.
In addition to that, they aimed to give the
schools a higher artistic quality and make
them more pleasant and homely. The im­
portance of natural light and green surround­
ings, of colour, and materials had been ex­
plicitly stressed right at the beginning of the
century by educationalists, architects and
doctors. No less important was the sometimes
vehement argument about equipping new
schools with functional furniture, above all
ergonomic desks. But questions of advanced
heating and ventilation systems and hygiene
measures to improve health were also
debated.
The impressive examples of new buildings
ofthe pre-War period that were based on
tradition did not come close to meeting the
demand. Furthermore, their "amiable" (Fritz
Schumacher) architecture derived from
domestic architecture was not able to conceal
the authorita ria n state-d irected ed ucationa I
policy, which stood in stark contrastto the
educational reform principles. In the 1920s,
the" reformed school" did not fi nd great favou r
with the arch itects of the Neues Bauen move­
ment. They levelled the criticism that the new
schools for the masses were "school palaces,
monumental buildings whose primary role
was to make a mark on urban design, which
lack any trace of gaiety or unconventionality,
and whose scale is completely inappropriate
for children, as can be seen, for example, in the
dimensioning and positioning oftheir doors
and windows."4
Democratic schools 1919-1933
The Weimar constitution of 1919 made
primary school attendance compulsory for all
children in Germany. This was intended to lay
the foundations for middle and secondary
school education. Article 148 of this new
republican constitution also stipulates that all
schools should include not only civics lessons
but also experiential learning, in other words
group work. Thus, one of the most important
princi pies of the reform movement was
enshrined in law for the firsttime S
4
32
Das mUhsame Ringen um die kindgerechte Schule in Deutschland
33
The long struggle for the child-friendly school in Germany

5.

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II
(des sehr viel schwacheren Reformstrebens
-"
/
5 Fritz Schumacher: Volks­
Fritz Schumacher:
5chule Schaudinnsweg in
Primary/middle school on
Hamburg, 1929-1930
Schaudinnsweg. Hamburg.
(heute 5chule Fraenkel­
1929-1930 (today Fraenkel­
straBe)
strasse School)
Very few schools were destroyed in
nach 1945) in einem groB angeleglen Neu-
Germany during the First World War. but the
bauprogramm Ausdruck zu finden. 6 Bildungs-
economically difficult years that followed
reformen mussten sich meist in alten ,Schulkasernen'verwirklichen. Dort, wo trotz unzu-
delayed the long overdue building of new
schools. Thus, the gathering momentum for
reichender offentlicher Mittel entschieden
reform in the 19205 did not have the same
wurde, der Raumnot mit soliden Neubauten
abzuhelfen, ist die Realisierung der neuen
Gebaude im geplanten Umfang oft in Frage
gestellt. Fritz 5chumacher, dem in Hamburg
bis 1933 der Neubau von uber dreiBig 5chulen
untersteht, berichtet, dass der Etat in der
Wirtschaftskrise so drastisch gekurzt wurde,
dass einige Projekte zeitweilig als Bauruinen
stilliagen. 5chumacher sah sich daher gezwungen. den Weg der "reinen Sachlichkeit"
einzuschlagen, seine Bauten zeigten nun
\
"herbere 5trenge" und "verbissene Knappheit".
Trotzdem erfUllen die neuen Schulen sozialhygienische Forderungen wie Durchlichtung.
luftung und Farbigkeit. In der Einrichtung
von Fachraumen und Aulen wird auch der
Reformpadagogik Tribut gezollt.7
1m Ruckblick fasst Schumacher die besondere Rolle des 5chulbaus in der krisengeschuttelten ersten deutschen Republik wie
folgt zusammen: "Die Schule ist die weitaus '\..j
bedeutendste 6ffentliche Aufgabe der Nachkriegszeit geworden und zugleich diejenige, \
deren Programm am liebevollsten, aber auch
am experimentierfreudigsten durchgearbeitet
ist. Wahl selten spiegeln sich geistige Bewegungen so deutlich in Bauten wider wie die
padagogischen Bewegungen der Nachkriegszeit. die dem Kinde statt des Verstandesdrills
Verstandnis der Natur, Gestaltungsfreude,
K6rperpflege und Musik bringen wollten.
Aile diese Ziele haben einen baulichen Niederschlag, der den 5chulbau - vcr allem die Volksschule - zu einer neuen Aufgabe machte."8
Die Epoche der Weimarer Republik bringt
auch einen neuen 5chultyp hervor, die so
genannte Pavi1lonschule, die sich in padagogischer Hinsicht an den bereits vcr dem
Ersten Weltkrieg entstandenen Waldschulen
orientiert. Auch hier entsteht die neue Schularchitektur vorwiegend in den nach modernsten stadtebaulichen Prinzipien errichteten
Siedlungen am Rand der groBen Stadte,
die fur Arbeiter und andere einkommensschwache Schichten errichtet werden. Charakteristisch fur den Pavillontyp ist die Verteilung der Schulzimmer und der 5pezial\
raume fUr handwerkliches Arbeiten, Musik
und Sport auf eingeschossige Einzelbauten
inmitten einer Grunanlage.
Die Klassenpavillons, mit einer sich 6ffnenden Fensterfront ausgestattet, haben direkten
Zugang zum Garten, in dem bei gutem Wetter
,Freiluftunterricht' abgehalten werden kann.
opportunity to be reflected in a large-scale
new bUilding programme that the reform
endeavours after 1945 did, even though the
latter were actually far weaker. 6 Most edu­
cational reforms had to be put into practice
in the old barrack-like schools. Even when
a decision was taken - despite insufficient
public funds -to remedy the space shortage
with solid new buildings, it was often uncer­
tain whether they would actually be realised
on the scale proposed Fritz Schumacher,
who was responsible for over 30 schools being
built in Hamburg upto 1933, reports that
the budget was so drastically cut during the
economic crisi s that a number of projects
came to a complete standstill part way through
construction. Schumacher therefore saw no
option but to follow the path of "pure func­
tionality." His buildings had an air of "austere
severity" and "grim asceticism." Nevertheless,
the new schools met the social hygiene
specifications such as daylighting. ventilation
and colour. The furnishings of the specialist
teaching rooms and assembly halls also pay
tribute to the ed ucational reform philosophy?
In retrospect Schumacher summarised
the special role of school architecture in Ger­
many's first, crisis-ridden republic as follows:
"Schools have become byfar the most important public-sector brief of the post-war era.
At the same time, more care went into developing its programme than into any other
and there was also more willingness to experi­
ment. Rarely are intellectual movements so
clearly reflected in buildings as the ed uca­
tiona I movements ofthe post-war years,
which wanted to teach children to understand
nature, find pleasure in creativity, physical
actiVity, and music, instead of simply sub­
jecting them to mental indoctrination. All of
these aims were reflected in architecture and
that meant that building schools - particu\a rly
primary schools - became an important new
design brief."!!
The Weimar Republic also produced a new
type of school building. known as the pavilion­
style school, which in educational terms was
based on the open-air schools from before
the First World War. Here, too, the new school
architecture was found primarily in the
housing estates built to the most modern
urban design principles in the suburbs of
major cities for workers and other low-income
socia I groups. Cha racteristic of paVilion-type
34
Das mi.ihsame Ringen um die kindgerechte Schule In Deutschland

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Weitere wichtige Vorzuge der Pavillonschule
(im Gegensat' lOr ,Korridorschule') sind die
zweiseitige natOrliche Belichtung der Klassen­
raume, die Querli..iftung und ihre, durch den
annahernd quadratischen Grundriss bedingte,
gr6Bere Raumtiefe, welche die freie M6blie­
rung, also die Einfuhrung von Tischen und
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buildings in a park-like setting.
The classroom paVilions, with French
windows along one entire wall, have direct
access to the garden where - weather per­
mitting -lessons could be held outdoors,
5tGhien erlaubt. 5chulbanke sind aus de'
Pavillonschule verbannt. Freiere Unterrichts­
"other important advantages of pavilion-style
methoden, zum Beispiel die Arbeit der SchOler
schools (by contrast with the "corridor-centred
school") include the fact that the classrooms
in G,uppen, sollen durch das flexible Mobilia'
erleichtert werden.
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buildings is the distribution of the classrooms
and the specialist rooms for practical work,
music and sport in single-storey standalone
Angeregt durch Reformpadagogen ent­
stehen besonders pragnante Beispiele der
Pavillonschule seit Mitte der 1920er Jahre im
have daylight from two sides, cross-ventilation
and greater depth, since they were almost
square on plan, which permitted flexible
furnishing, i.e. the introduction of movable
tables and chairs. Traditional school desks
were banished from pavilion-style schools.
Rahmen de' Wohnungsbauprojekte des ,Neu­
en Frankfurt' unter der Verantwortung von
Ernst May und Martin Elsaesser.9 lm ,Neuen
\) The idea was that the flexible furnishing
Berlin' unter Martin Wagner wird auch bereits
would facilitate less rigid teaching methods.
such as pupils'working in groups.
1926 das Experiment derVereinigung samt­
licher verschiedener Schularten zu einer Ge-\
samtschule gewagt, die 3000 Kinder umfasst
und von Bruno Taut auf Initiative des Bezirks­
schulrats Kurt Lowenstein in Zusammenarbeit
mit dem Padagogen Fritz Karsen am Oamm­
weg in Berlin-Neukblln entwickelt wird. 10
Unter dem Einfluss des Padagogen e,halten
drei grundlegende Prinzipien dieser "Schule
der werdenden Gesellschaft" (Fritz Karsen)
Inspired by educational reformers, particu­
larly striking examples of pavilion-style schools
were built from the mid-1920s as part of the
New Frankfurt housing projects headed by
Ernst May and Martin Elsaesser. 9 As early as
1926, New Berlin under Martin Wagner even
ventured the bold experiment of combining
different kinds of school into a single compre­
hensive school for 3000 children. Designed by
35
The long struggleforthe child-friendly school in Germany
I~
VI
6 Ernst May: Reformschule
Ernst May: Reform-based
Bornheimer Hang, Frank­
school at Bornheimer Hang,
furt am Main, 1929
Frankfurt am Main, 1929
Grundriss Erdgeschoss und
Ground floor plan and
Ansicht von Suden
south elevation

7.

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7
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architektonischen Ausdruck. Es 5011 eine
Arbeitsschule sein, in der sich Schuler ihr
Wissen selbststandig in kleinen Gruppen
erarbeiten kbnnen. Fur diesen Unterricht sind
besondere Fachraume vorgesehen. Die Rolle
des Lehrers ist der eines Mitarbeiters, Orga­
nisators oder Werkmeisters vergleichbar.
Bruno Taut on the instigation of the head of
the borough's education authority Kurt L6wen~
stein, in collaboration with educationalist Fritz
Karsen, it was built on Dammweg in the Berlin
borough of Neukblln.1 0
As a result of Karsen's influence. three of
the fundamental principles of what he called
Ferner 5011 es sich urn eine Gemeinschafts­
the "school for a nascent society" were trans­
schule handeln, die ganztagig ge6ffnet ist,
lated into architecture in the Dammweg
school. It was to be an Arbeitsschule, in which
damit deren gemeinschaftliche Einrichtungen
wie Schwimmbad, Bibliothek oder Sporthalle
the pupils would acquire knowledge by
auch von den Anwohnern genutzt werden
\.. working independently in small groups. This
k6nnen. Zu guter Letzt ist an eine Gesamt­
type of lesson needs specially designed class­
schule gedacht, welche die unterschiedlichen \ rooms. The role of the teacher is comparable
Schulformen in einem Komplex zusammen­
to that of a co-worker, facilitator or superVisor.
fasst, urn den Schutern eine Vielfalt von Ent­
\ It was also to be a community school, open all
scheidungsmoglichkeiten zu bieten.
day so that its communal facilities such as
Taut entwirft die ,Arbeitsklasse' auf qua­
swimming pool, library or sports hall could
dratischem Grundriss mit umlaufenden
also be used by local residents. And, finally, it
Oberlichtern als Grundbaustein der Gesamt­
was conceived as a comprehensive that would
anlage. Die Schule mit ihren Unterrichts·
combine the different types of school in a
raumen zu beiden Seiten eines gekrummten
single complex so that the pupils could choose
Wegs, als Metapher fOr den lebensweg des
from a broad range of opportunities.
Schulers zu lesen, sollte sich im Innern eines
Taut designed an ArbeitsklaHe as the basic
sehr grogen Wohnblocks befinden. Da geplant
module for the entire complex; it was square
war, dass die Anwohner auch die Au Benon plan and had a band of clerestory Windows.
anlagen des Schulkomplexes mitbenutzen,
The school with its classrooms on either side
of a curved path, which was to be seen as a
sieht der Entwurfvon Taut keinen abgetrenn­
ten Schulhof vor. Hochbauten, welche die
metaphor for a pupil's path through life, was
langgestreckte Anlage gliedern, sind dem
to be sited within a very lIarge housing estate.
Gemeinschaftsunterricht vorbehalten und
Since the intention was for the local residents
be able to use the school grounds, Taut's
verfugen, an zentraler Stelle, uber den groBen
Versammlungsraum sowie Fachraume und
scheme does not have a separate schoolyard.
Sporthallen. Die Realisierung dieses Projekts
The multi-storey bUildings that structure the
scheiterte jedoch vor allem aus finanzieJlen
elongated complex are reserved for mixed-age
classes. At their centre is a large assembly hall,
Grunden. Nur eine Probeklasse konnte er­
specialist teaching rooms and sports halls. For
richtet werden.
financial reasons, this project was never re­
Ausgedehnte Pavillonschulen wie diese
lassen sieh, wenn uberhaupt, nur am
alised. Just one classroom was built as a pilot.
Stadtrand verwirklichen, nicht in teuren und
It is only ever possible to actually build
Engen Innenstadtlagen. Da, wo die Voraus­
expansive pavilion·style schools like this one
setzungen fur eine Pavillonschule nicht ge­
on the edge of a city - if at all- but not in
geben sind, sucht man deren Vorteile auf den
inner city locations where land is expenSive
Geschossbau zu ubertragen, Als ein Muster­
and in short supply. On sites that could not
beispiel gilt die 1928 von dem Wiener Archi­
accommodate them, architects tried to
tekten Franz Schuster errichtete Heinrichtranspose the best features of pavilion-style
Kromer-Schule in Niederursel bei Frankfurt.
schools to multi-storey buildings. The Heinrich
Kromer School in Niederursel near Frankfurt,
Das Prinzip seiner architektonischen Losung,
designed in 1928 by Viennese architect Franz
die in die Geschichte des modernen Schulbau5
als ,Schustertyp' eingegangen ist, beruht auf
Schuster, is regarded as a classic example of
dem WegJassen des Korridors in den Ober·
this. The basic principle of his architectural
geschossen und auf den zwischen zwei
scheme, which has gone down in the history
Klassenzimmern eingefiigten Treppenhallen.
of modern school architecture as the
Die Klassenraume konnen sich uber die
"Schuster type," centres on a plan layout for
gesamte Tiefe erstrecken und zweiseitig
the upper floors in wh ich there is no corridor
belichtet und beluftet werden.
and a staircase has been inserted between
In Amsterdam wird zwei Jahre spater die
each pair of classrooms. This meant that the
Freiluftschule von Jan Duiker errichtet, die bis
classrooms could occupy the full depth of the
heute als die radikalste Alternative zum
building and have daylight and ventilation
Pavillonbau gilt. Die viergeschossige Schule
from two sides.
8
36
Das muhsame Ringen um die kindgerechte Schule
In
Deuts(h!and

8.

.........-
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1 Eingang / Entrance
2 Garderobe / Cloakroom
!
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3
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3 Klassenzimmer / Classrooms
I
6
4 Lehrer2immer / Staff room
S Hausmeister / Caretaker
6 Turnhalle / Gymnasium
7 Terrasse / Patio
3
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9
fur 240 Kinder im Alter von sechs bis zw61f
Jahren wird von einem zentralen Treppenhaus
erschlossen und verfUgt pro Etage uber zW~i
deckenhoch verglaste Klassenzimmer mit vor­
gelagerter uberdachten und windgeschutzten
Terrasse. Der Unterricht im Freien ist auf ihr
auch bei schlechterem Wetter moglich. Durch
die turmartige Gestalt des Gebaudes werden
ausgezeichnete Besonnungsverhaltnisse bei
minimalem Gelandeverbrauch erreicht.
Ansonsten suchen die Architekten des Neu­
en Bauens bei kompakten, mehrgeschossigen
Schulhausern durch Dachterrassen die Ver­
bindung zu "Licht, Luft und Sonne" herzu·
stellen. l l Hannes Meyer und Hans Wittwer
schlugen 1926 in ihrem Wettbewerbsentwurf
fUr die Petersschule in Basel eine groBzOgig
dimensionierte, auf H6he des ersten Ober­
geschosses abgehangte Plattform vor, um den
fehlenden Tummelplatz fur die Kinder zu er­
setzen, der wegen der Enge des Grundstucks
keinen Platz zu ebener Erde fand.
NatOrlich entwickeln sich gleiche Bestre­
bungen Hir eine kindgerechte Schularchitektur
auch in anderen europaischen Landern und
in den USA. Auch hier erfahrt der Typ der Pa­
villonschule vielfaltige Auspragung und breite
Publizitat und genieBt bis nach dem Zweiten
Weltkrieg international Vorbildcharakter.
Ein berOhmtes Beispiel ist die ecole de plein
air in Suresnes bei Paris, die 1931-1935 von
Eugene Beaudouin und Marcel Lads erbaut
wird. 12 Diese Pavillonanlage mit acht Schul­
klassen und zwei Kindergarten war fUr etwa
350 Kinder bestimmt, die wegen ihres
schlechten Gesundheitszustands keine nor­
male Schule besuchen konnten.ln der Schweiz
wurde die erste Pavillonschule, die Primar­
schule Bruderholz in Basel, von Hermann Baur
1935-1939 errichte!." Auch die viel geruhmte
Crow Island School 14 in Winnetka, Illinois
(USA), 1940 von Eero und Eliel Saarinen sowie
dem Architekturburo Perkins, Wheeler & Will
vollendet, ist eine weitraumige Pavillonschule,
bei der wie bei allen hier genannten Beispielen
Two years later, Jan Duiker's open-air school
was built in Amsterdam; it is still considered
to bethe most radical alternative to pavilion­
style schools. A central stairwell is the main
circulation element in this four-storey school
for 240 children aged between six and twelve.
Each floor has two full-height glazed
classrooms with a covered terrace sheltered
from the wind. The terrace can be used for
outdoor lessons even if the weather is not
ideal. The building's tower-like profile means
that excellent sun exposure is achieved with
minimum land use.
Otherwise architects of the Neues Bauen
movement used roofterraces in an attempt
to create a connection with "light air and
sunshine" for compact, multi-storey school
buildings. 11 In their competition scheme for
Petersschule in Basel in 1926, Hannes Meyer
and Hans Wittwer proposed a spacious sus­
pended platform at first-floor height to pro­
vide a playground for the children, for which
there was not enough space at ground level.
Of course, similar endeavours to create
child-centred school buildings were also
developing in other European countries and in
the USA. Here, too, there were many variations
on the pavilion-style school theme, which en­
joyed a great deal of publicity and was con­
sidered to be exemplary until long after the
Second World War
One famous example is the ecole de plein
air in Suresnes near Paris, which was designed
by Eugene Beaudouin and Marcel Lods be­
tween 1931 and 1935. 12 This pavilion complex,
housing eight school classes and two kinder­
gartens, was designed for about 350 children,
who were prevented from attending main­
stream schools by ill health. In Switzerland,
the first pavilion-style school, the Bruderholz
primary schoof in Basel, was designed by
Hermann Baur and built between1935 and
1939. 13 The much acclaimed Crow Island
School l4 in Winnetka, Illinois (USA), completed
in 1940 by Eero and Eliel Saarinen and Perkins,
37
The long struggle for the child-friendly school in Germany
,---.
of
10
7 BrunoTaut: Schule
Bruno Taut: School on
am Dammweg in Berlin­
Dammweg in Neukolln,
Neuk611n,1928/1929
Berlin, 1928/1929
Erdgeschoss
Ground fioor
8 Franz Schuster: volks­
Franz Schuster: Primary/
schule in Niederursel,
middle school in Nieder­
Frankfurt am Main,
ursel. Frankfurtam Main,
1927/1928
1927/1928
Obergeschoss
Upperffoor
9 Jan Duiker: Freiluftschule
Jan Duiker: Open-air school
in Amsterdam, 1929/1930
in Amsterdam (The Nether­
Links: Normalgeschoss,
lands),1929/1930
rechts: Erdgeschoss
left: upper storey,
right: ground fioor
10 Jan Duiker: Openlucht­
Jan Duiker: Open-air school
school (Freiluftschule) in
in Amsterdam, 1929/1930
Amsterdam, 1929/1930
Photograph of the school
Heutiger Zustand
today

9.

durch die besondere Gliederung der Klassen­
trakte zwischen den Klassenzimmern optisch
und akustisch abgetrennte Gartenhbfe ent­
stehen. Bei den Klasseneinheiten selbst, die
Wheeler & Will, is also a spacious pavilion­
style school, in which, as in all the examples
mentioned here, visually and acoustically
secluded garden courtyards are created by
raumlich differenziert gestaltet und in ihren
Abmessungen konsequent auf KindergrbBe
abgestimmt sind, uberwiegt derwohnliche
Charakter.
the particular way the classroom wings are
arranged. The classroom units themselves,
each of which contained a range of different
Urn diese Zeit war die Verbindung
deutscher Reformer zu einer mittlerweile
international vernetzten Schulreform­
bewegung langst unterbrochen.1933 waren
die Nazis an die Macht gekommen. Die
judischen Lehrer wurden noch im gleichen
Jahr, diejudischen Kinder 1938 aus offent­
lichen Schulen ausgeschlossen. Viele Reform­
schulen wurden aufgel6st. Von der Reform­
padagogik wurde das vereinnahmt, was sich
in das Volkstums- und Gemeinschaftsdenken
der NS-Ideologie einfugen lieB.
Gegeniiber der korperlichen, militarisch
ausgerichteten Ertuchtigung und der Formung
charakterlicherWesensmerkmale wie Gehor­
sam, Rucksichtslosigkeit und Opferbereit­
schaft trat die rein geistige Ausbildung wruck.
In diesem Staat, in dem die Freiheit der Person
und andere Grundrechte aUfgehoben waren,
galt die FormeL "Du bist nichts, dein Volk ist
alles." Die Reformbestrebungen, die der Indivi­
dualitat des Kindes Rechnung tragen wollten,
wurden durch das ,Fuhrerprinzip' abgelbst.
Schulen, die nach 1933 gebaut werden, ent­
halten, wenn uberhaupt, nur die notwendigs­
ten Sonderraume. Sie sind wieder zweibundig,
kinds of spaces, were dimensioned throug~out
to be child friendly and have a predominantly
home like character.
Around this time, German reformers were
cut off from what had developed into an
international network of school reform move­
ments. The Nazis had come to power in 1933.
Jewish teachers were excluded from public
schools that same year, Jewish children in
1938. Many schoots based on reform prin­
ciples were closed down. The Ndzj~ adopted
any elements of the educational reformers'
principles that fitted in with the nationalist
and cOrTlmunily-oriented aspects oftheir
ideology
Purely intellectual education took a back
seat to phySical, military-style drilling and the
formation of character traits such as obe­
dience, ruthlessness and self-sacrifice. In this
state, in which the freedom of the individual
and other basic civic rights were abolished,
the slogan, "You are nothing; your country
and its people are everyth ing." ruled the day.
mehrgeschossig und mit dem traditionellen
Satteldach versehen. 1S
The endeavours of the reform movement to
nurture children's individuality were stamped
out and replaced by obedience to the
authoritarian Fuhrer principle. Schools built
after 1933 had only the most essential
specialist rooms, if any at all. They are once
(East Germany), 2 nd
Schulen des Wiederaufbaus
more multi-storey with classrooms strung
along either side of a central corridor and have
1952/1953
buildirg phase, 1952/1953
1945·1960
the traditional pitched roof. 15
Haupteingang
Malr1 entrance
Nach dem Zweiten Weltkrleg stellt slch 1m
geteilten Deutschland die dringende Aufgabe
einer grundlegenden Reform des Schulwesens.
Schools in the period of reconstruction
In der DDR ist bald aile Padagogik auf den
Marxismus-Leninismus nach sQwjetischem
After the Second World War, both sides of the
divided Germany faced the urgent need to
Muster ausgerichtel. Burgerliche Reformpada­
gogik wird zuruckgewiesen, der Religions~
unterricht gestrichen, private Schulen werden
verboten. 1946 wird die ,Einheitsschule' ein­
carry out a root and branch reform of their
school system. In East Germany education
is soon toilored to Soviet-style Marxism­
Leninism. Bourgeois educational reform is
gefuhrt, wahrend man in der Bundesrepublik
beim dreigliedrigen Schulsystem bleibt. Poly­
technischer Unterricht spielt eine uberragen­
rejected, religious studies are removed from
the curriculum, and private schools are
11 Grundschule Wein­
Primary school on Wein­
meisterstra~e, Berlin
meisterstrasse, Berlin
(DDR), 2. Bauabschnitt,
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1945-1960
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de Rolle im DDR-Schulsystem, das aus west­
licher Sieht durch straffe ArbeitsdiszipJinie­
prohibited. In 1946, the socialist version of the
comprehensive, the Einheitsschule, was
introduced, whereas west Germany retained
rung, hohe Normierungstendenz, extreme
Leistungsorientierung und eine totale Poli­
tisierung gekennzeichnet ist. Auch die Wehr­
the three-tier school system. Polytechnic
education played a major role in the East
German school system, which - from the
erziehung ist ein typisches Kennzeichen des
sDzialistischen Bildungssystems.
Ein bemerkenswertes Zeugnis der Schul·
architektur aus den Anfangsjahren der DDR ist
point of view of the West -was characterised
by strict d iscipli ne, a strong tendency towa rds
standard isation, an extreme focus on achieve­
ment and blanket politicisation. Military
11
38
Das rrlihsame Ringen urn die kindgerechte Schule in Deutschland

10.

---
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die Grundschule in der Ostberliner Wein­
meisterstraBe, die in den Jahren 1950-1953
auf dem GeU3nde eines im Zweiten Weltkrieg
trainil1g was also a typical feature of the
socialist education system.
A remarkable testimony to school architec­
weitgehend zerstorten Gymnasiums erbaut
wird. Trotz der innerstadtischen Lage ist der
Schulneubau in weitraumige Freiflachen mit
Sportanlagen und grunen Pausenhofen ein­
ture from the early years of East Germany is
the primary school on Weinmeisterstrasse in
East Berlin, which was built between 19S0 and
19S3 on the site of a grammar school that had
gebettet. Die Klassenraume sind groBzugig
bemessen und gut belichtet. War der erste
Bauteii, von Rudolf Ullrich errichtet, noch ge­
been extensively damaged during the Second
World War. Despite its inner-city location, this
new school was surrounded by extensive open
kennzeichnet durch eine schlichte Architektur,
dominiert bei dem zweiten, von Gerhard
Eichler errichteten leil ein monumentaler
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Klassizismus, gemaB der bis Mitte der 19S0er
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spaces with sports facilities and planted
schoolyards. The classrooms are spacious and
have abundant daylight. Whereas the first
Jahre gultigen, am sowjetischen Vorbild
phase, built to designs by Rudolf Ullrich, was
still characterised by the simplicity of its archi­
ausgerichteten Doktrin der ,Nationalen
Bautradition'. GroBzugige Schulbauten dieser
Art bleiben aber auch in dieser Periode eine
tecture, the second phase by Gerhard Eichler is
predominantly in a monumental Neoclassical
style. in keeping with the "national archi­
Ausnahme. 16 Generell erfolgt der Schulbau
in der DDR in den kommenden Jahren zwar
tectural tradition" based on the Soviet model
that was the norm in East Germany until the
flachendeckend, aber nach volkswirtschaft­
lichen M6glichkeiten mitTypenbauten,
die nicht dem Standard des Westens ent~
mid-19S0s. However. spacious school build­
ings of this kind were the exception in this
"
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In der Bundesrepublik Deutschland 5011 das
Schulwesen nach demokratischen Prinzipien
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neu organisiert werden. Ausgangspunkt fur
die mit dem Schulbau betrauten Architekten
und Beh6rden sind die Schulen derWeimarer
and government agencies entrusted with build­
ing schools were the schools of the Weimar
dem Zweiten We!tkrieg die Tradition der
klassischen Moderne fortzufOhren sucht, ist
Republic, particularly pavilion-style schools, and
the models that had evolved in other countries
in the Western world since then.
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III:
Beispielen, das er "der Jugend aller Lander"
wid met, "aus der Sorge um ihre Erziehung und
Bildung in einer sinnvollen und harmonischen
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In West Germany, the intentions were to re­
Auslands.
Ein ,Architekt der Kontinuit.3t', der nach
deutsch, franz6sisch) mit herausragenden
,1111
because of economic constraints, used mainly
standardised bUildings that did not come up
to Western standards,17
organise the school system along democratic
principles. The startil1g point for the architects
II,l
Umwelt - im Helm, im Schulhaus, in Dorf und
Stadt."l8
In diesem Kompendium, das durch prazise
Erlauterungstexte und Grundrisszeichnungen
besticht, formuliert Roth erneut die not­
wendige padagogische Elnstellung, der als
Voraussetzung fOr den modernen Schulbau
Geltung verschafft werden mOsse; War fruher
after the Second World War, is Swiss architect
Alfred Roth. In 19S1, he first published his
e>_J-Ji,)
~
concern that they be brought up and educated
in a meaningful and harmonious environment
- be it at home or at school, in the village or
the city."l8
In this compendium, which was valued for
its precise explanatory texts and drawings of
floor plans, Roth expresses in contemporary
terms the educational attitude he believes has
to be established as the underlying principle
die Erscheinungen des Lebens auf seine Weise
aufnehmen und verarbeiten soil. Die Erziehung
will den ganzen Menschen, also sein psychi­
for modern school architecture; whereas in the
past educators had seen children as passive
objects. recipients of their attempts to foster a
one-sided development of the intellect, today
they are regarded as autonomous subjects.
who should be el1couraged to assimilate ek
periences and engage with life in their own
39
The long struggle for the child-friendly
~chool
in Germany
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French) oa' Neue Schulhau" which contained
outstanding examples that he dedicated to
the "young people of all countries ... out of
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~.
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standard trilingual work (English, German,
:i,
II
....
An "architect of col1tinuity," who sought to
continue the tradition of classic Modernism
das Kind fur den Erzieher das passive Objekt
fur die einseitige Ausbildung des Intellekts,
wird es heute zum selbstandigen Subjekt, da's
sches und intellektuelles Sein erfassen, und
dies verlangt nach differenzierter, flexibler
raumlicher Organisation fOr verschieden­
artigste Beschaftigungen. Eine Unterrichts­
/ \ ~ .1
period too. 16 Generally speaking, the school
building programme in East Germany in the
following years covered the entire country but,
Republik, vor allem die Pavillonschule, und
die fortentwickelten Madelle des westlichen
der Schweizer Alfred Roth. 19S1 ver6ffentlicht
er zum ersten Mal sein dreisprachiges Stan­
dardwerk oa, Neue Schulhau, (englisch,
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"Qoj;
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12
12 Formen von
Klas~en­
Types of classroom module
einheiten nach Alfred Roth
by Alfred Roth
a Kindergarten: Durch­
a Nursery school:trans­
sichtigkeit erleichtert die
parency facilitates
Arbeit in Gruppen
group work
b Unterrichtsraum. Arbeits­
b Classroom. work bays
nische und Gartenraum
and garden
c Unterrichtsraum und
c Classroom and work­
Arbeitsraum. Gartenaus­
room, exit into the garden
gang
d Large
d GroBer Unterrichtsraum
29.5 feet. and partially
9)( 9 Meter und teilweise
covered patio
uberdeckte Terrasse
clas~room,
29.5 )(

11.

methode, die insbesondere dem Alter des
Kindes angepasst werden soil, verlangt nach
baulichen Voraussetzungen fur Individual­
unterricht, Gruppenarbeit und raumliche
lntimitit.
Die Erziehung in der Schule wird als Fort­
setzung der im Elternhaus stattfindenden
aufgefasst, deshalb gilt es, eine "moglichst
enge raumliche und stimmungsmaBige
Beziehung zwischen Schule und Heim" zu
schaffcn. Ocr moderne Schulraum soil nach
dem Grundsatz von Pestalozzi eine ,Wohnstu be' sein, die durch Form und Ausstattung
differenzierte Raumzonen bietety:l HierfUr
wiederum eignet sich der quadratische Grund­
riss besser als der rechteckige. Tische und
Stiihle sollen jederzeit muhelos entsprechend
der jeweiligen Unterrichtsform oder derfrei- \J
eren Tatigkeit angeordnet werden k6nnen
und sind daher moglichst leicht und stapelbar
zu gestalten.
Bei der ersten groBen Schulbaukonferenz
im Juni 1949 in Fredeburg (Westfalen) wird
der Gruppenuntcrricht von Padagogen, Ver­
waltungsbeamten und Architekten leiden­
schaftlich reklamiert und in den folgenden
Jahren In vie len westdeutschen Schulen ein~ \..
gefuhrt. Damit wird endlich dervon den
Schulreformern seit den 1920er Jahren gefor­
derten Individualisierung des Unterrichts
allgemein Rechnung getragen. Die Kinder
sollen ihr Wissen n;cht mehr ausschlieBlich
\
vom Lehrer beziehen, sondern es vielmehr
durch eigene Erfahrung erarbelten. Idealer­
weise sitzen sie paarweise, zu dritt oder zu
viert an leicht beweglichen Tischen, der Lehrer
geht zwischen den zwanglos zusammen­
gestellten Arbeitsgruppen helfend umher.
Auch die schon aus der Weimarer RepubJik
bekannte Forderung, Schulgebaude in Ver­
bindung mit Grunanlagen zu errichten und
mit Schulgarten fur den Freiluftunterricht
auszustatten, steht auf dem Schulneubau­
Programm obenan. Aber die ebenerdige Pa­
villonschule lasst sich nicht auf Dauer durch~
setzen. Noch auf der Schulbautagung 1951
in Jugenheim an der BergstraBe werden zwar
insbesondere die norddeutschen Pavillon­
schulen in Kiel, Bremen und Hamburg als
beispiel haft gelobt, allen voran die 1950
errichtete Kieler Goethe-Schule von Rudolf
Schroeder lo, die in Fachkreisen als eine der
modernsten SchuJen Deutschlands gilt.
Viele Stadte und Gemeinden lehnen das
Pavillonsystemjedoch ab, weil sie weder
geeignete GrundstOcke noch ausreichende
Finanzmittel haben, so dass die Behorden sie
schon urn 1953 wegen der hahen Bewirt­
schaftungskosten nur noch in Ausnahmefallen
zulassen und von diesem Schultyp lediglich
unique way. Education seeks to embrace the
whole person, i.e. their emotional and in·
tellectual being and this requires a differen­
tiated and flexible organisation of spaces to
accommodate a broad spectrum of different
activities. Teaching methods that seek to catpr
to the changing needs of children of different
ages call for an architectural response that
provides the right cond itions for one-to-one
teaching. group work and spatial intimacy.
Schooling was seen as a continuation of
parent's upbringing of their children at home.
which is why it was considered necessary to
create "a:=. close a relationship as possible
between school and home - both with regard
to the spaces and atmosphere there." Based on
Pestalozzi's principles, the modern school room
should be a "living room:' Its shape ard its
furniture providing different spatial zones.19
A square plan was more !ike!yto achieve this
than a rectangular shape. It should be pOSSible
to effortlessly rea rrange tables and cflairs at
any time to adapt to the type of lesson or free
activity taking place. For that reason, they
should be as light as possible and stackable.
At the first major school building conference
in June 1949 in Fredeburg (Westphalia)
educationalists, civil servants and architects all
passionately sang the praises of group work,
which was then introduced in many West
German schools in the years to follow. Thus,
the individualisation of teaching methods
called for by school reformers since the 1920s
was finally put into general practice. The idea
was that child ren shou Id no longer acqUire
their knowledge exclusively from the teacher,
but should learn experientially. Ideally. they
should sit in pairs or in groups of three orfour
at tables that can be easily moved. The teacher
then walks around the informal groupings,
offeTing help where needed.
The demand that had also been voiced back
in the Weimar Republic to build schools in
connection with green spaces and create
gardens for open-air lessons is now top of
the agenda on the new school building pro­
gramme. At the school building conference
held in 1951 in Jugenheim, south ofFrankfurt,
the north German pavilion-style schools in
Kiel, Bremen and Hamburg in particular were
praised as bei ng exempla ry, especia Ily the
Goethe-School in Kiel built in 1950 by Rudolf
Schroeder,:20 which was regarded by experts in
the field as one of Germany's most modern
schools. But, in the long term. the single-storey
pavilion-style school was not able to esta blish
itself.
Many towns and local authorities rejectf'd
pavilion schools because they had neither the
money to fund them nor suitable sites to build
die Einbundigkeit der Flure iibernehmen
wollen. Die Klassenzimmer verfugen nunmehr
auf ihrer Korridorseite uber einen schmalen
Oberlichtstreifen, der es erm6glicht, die
Klassen von zwei Seiten zu belUften und zu
beJichten. Denn wahrend fur den langlichen,
auf das Lehrerpult gerichteten Klassenraum
der alten Schule der Uchteinfall von einer
Seite genugte, braucht der neue quadratische
Gruppenraum zusatzliches Licht fur die Kinder,
\
die mit dem Rucken zum Fenster sitzen.
Selbst die Architekten begeistern sich
nicht mehr uneingeschrankt fur die weit~
laufigen Flachbauschulen. So warnt der Schul­
bau-ExperteGunterWilhelm, im Grunde
komme sich das Kind in einer zu weitlaufigen,
schematischen Anordnung einstockiger
Bauten ebenso verloren vorwie in einem vier­
stockigen Gebaude. Wilhelm propagiert des­
halb die "wohltuende" Konzentration weit
auseinander gezogener Schulkomplexe auf
einen Mittelpunkt hin. Nach diesem Prinzip "V
baut er 1954 in Stuttgart-Zuffenhausen die
neue Volksschule am Gansberg fur 1200
\.J
Kinder: fOr die Kleinen einst6clcige Hauser,
fur die Gr6Beren zweist6ckige und fur die
Oberstufe ein vierstockiges Hauptgebaude
mitVerwaltungs- und Aufenthaltsraumen,
Musik-, Zeichen- und Naturkundesalen. 1m
Gegensatz zur schematischen Anlage vieler
Pavillonbauten, setzt Wilhelm seine Schul­
hauser in scheinbar planloser Asymmetrie
auf die grune Wiese . .,
Tratz zahlreicher Schulbaukonferenzen,
staatlicher Empfehlungen und Richtlinien, die
im Grundsatz die architektonische Umsetzung
aller bisher genannten reformpadagogischen
Prinzipien befurworten, verpassten viele
Kommunen in Deutschland schon Anfang der
1950er Jahre "die einmalige Chancen zu radi­
kaler Neugestaltung, teils aus Bequemlichkeit,
teils aus Mangel an Finanzen: Sie errichteten
ihre Schul-Neubauten;m alten 5til an den
alten Stellen", weiB Der Spiegel 1953 zu
berichten. 2l
Dagegen beschelnigt der Kritiker Ulrich
Conrads dem Schulbau "in der zweiten Halfte
der funfziger Jahre eine sehr lebendige Ent­
wicklung" und greift auch das Thema der
Pavillonschule noch einmal auf: "Die ,Protest­
aldion' der reinen, we it auseinandergezo­
genen Pavillonschule, die eine erste, sehr um~,
strittene Antwort auf die alte. immer noch
nicht ausgestorbene Schulkaserne war, hat
nuancierten Entwurfsgedanken Platz ge­
macht. Hier sind wiederum an erste Stelle
die Uberlegungen von Hans Scharoun zu
nennen, die er schon 1951 im Entwurffur
die Vofksschule in Darmstadt fixierte."22
Dieser Entwurfl3, der nicht realisiert wird,
them on. Thus. by 19S3, planning and edu­
cation authorities were -with the except of a
few particular cases - turning them down on
the grounds of their high running costs. They
did, however. keep the pri nciple of arranging
classrooms along just one side of a corridor
that was typical of these schools. The class­
rooms now had a narrow ribbon of clerestory
windows on the corridor side, providing
daylight and ventilation from two sides of the
room. This was important, because, whereas
light from one side was sufficient;n the old~
style rectangular classrooms that focused on
the teacher's desk at the front, the new sq uare
group work room needed an additional light
source for the children who sat with their
backs to the window.
Even architects were no longer unreserved­
ly enth uSlastic about the extensive low-rise
schools. School building expert Gunter Wilhelm,
for exa mple, wa rned that child ren can basic­
ally fee! just as disoriented in schematic con­
figurations of single-storey buildings covering
a la rge area as they ca n in a four-storey build­
ing. Wilhelm therefore advocated a "bene­
ficial" concentration of school complexes, set
a long way apart, but focusing on a central
point. In 1954. he built a new primary school
on Gansberg in Zuffenhausen, Stuttgart on
this principle. It housed 1200 children: the
youngest in single-storey buildings. the older
ones in two-storey buildings and the senior
classes in a four-storey main building wilh
offices and recreation rooms, along with
classrooms for music, drawing and science.
Unlike the schematic layout of many pavilion
complexes, Wilhelm sited his school buildings
in a :=.eemingfy random, asymmetrical
arrangement in a greenfield setting.
Despite numerous conferences on school
architecture, government recommendations
and guidelines, all of which in principal advo­
cated translating all of the above-mentioned
principles of the educational reform mOVe­
ment into built architecture, many local
authorities in Germany already in the early
1950s missed "the unique opportunityto
u nl1ertake a radical overhaul, pa rtly out of
complacency, partly for lack of funds, they
built their new schools in the old style on the
old sites,"wa:=. Der Spiegel's comment on the
subject in 1953. 21
By contrast, architecture critic Ulrich
Conrads believes that school architecture
"underwent a very lively development in the
second half of the 19505" and he revisits the
subject of the pavilion-style schooL "The
'gesture of protest' of the pure spread-out
form of the pavilion-style school, which was
in itia Ily a highly controversial response to the
40
Das muhsame Ringen Ur'l die kindgerechte Schule In Deutschland
41
The long struggle
(Of
the child-friendly school in Germdny
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13 Gunter Wilhelm:
CunterWilhelm:
Volksschule am Gansberg
Primary/middle school for
fur 1200 Kinder, Stuttgart­
1200 pupils, Zuffenhausen.
Zuffenhausen, 19S2-19S4
Stuttgart, 19S2-19S4
lageplan-Grundriss
Site plan
1 + 2 Eingeschossigc KIJssengebaude /
Single-storey classroom l:::uildings
3 Zweigeschossiges Klassengebaude /
Two-storey classroom building
4 Hauptgebaude / Main building
5 Ha(l~w;rt<;chaft)iche Berufsschule /
Vocational school for home economics
Sa Wohnhaus / House
6 Turnhalle / Gymnasium
7 Sonderschule / School For children
with special needs

12.

14 Hans 5charoun: Ent­
Hans 5charoun: Scheme for
wurffur eine Volksschule
a primary/middle school in
in Darmstadt, 1951
Darmstadt (Germany). 1951
Erdgeschoss
Ground floor
~;::::::..
1 Klassen 1- 3 / Classrooms, years 1~3
2 Klassen 4 - 6 / Classrooms, years 4-6
"
3 Klassen 7 - 8 / Classrooms, years 7-8
,.
4 Pausenplatz / Schoolyard
.. '''III
5 GroBe Halle / Large hall
6 Freiraum (Verteiler) / Open area (circulation)
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7 Haus des Lehrers / Staff building
"t~·
8 Aussichtspratz / Gazebo
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9 Schulgarten mit Gewachshaus /
14
School garden with greenhouse
10 Hausmeisterwohnung, Garten /
Caretaker's flat. garden
11 Haupteingang / Main entrance
12 Turnhalle / Gymnasium
13 Spielwiese / Playground
14 Kosmischer Raum / Cosmic room
15 Werkraum / Workshop
16 5chulerbibliothek /5choollibrary
17 Religion / Religious studies
18 Lehrmittel /Teaching materials
19 Garderobe / Cloakroom
20 Bastelraum / Room for handicrafts
21 Zeichensaal/ Drafting room
22 Hausmeister /Caretaker
23 Wirtschaftshof / Service yard
IS Hans 5charoun:
Hans 5charoun: Classroom
Klasseneinheit der Ge-
unit at the Geschwister
schwister·5choll-5chule in
Scholl School in Lunen,
Lunen, 19S6-1962
19S6-1962
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1 Garderobenraum / Cloakroom
2 Klassenzimmer / Classroom
3 Gruppenarbeitsraum / Room for group work
4 Gartenhof / Garden courtyard
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,
entsteht anlasslich der Darmstadter Ge­
sprache. einer Tagung unter dem leitthema
Mensch und Raum. An Scharouns Projekt wird
sein Verstandnis der Architekturaufgabe als
Tei! einer zu schaffenden gesellschaftlichen
wie stadtebaulichen Ganzheit besonders
anschaulich. Schule ist fur ihn nicht nur ein
art der menschlichen Entwicklung, sondern
zugleich Element der neuen Stadt und Modell
einer neuen Gesellschaft.ln seinem kom·
plexen, organhaften schulgebilde, das wie
eine seiner ,stadtlandschaften' aussieht, soli
die Auspragung der unterschiedlichen Raume
dem geistigen Wachstum der Kinder ent­
sprechen. Die Klassentrakte der Unter-, Mittel­
und Oberstufe, sind entlang eines ,Weges der
Begegnung' mit unterschiedlich ausgebildeten
Gemeinschaftsorten fUr die drei Altersstufen
angeordnet. Die ,Sphare des Elementaren', das
heiBt, die Klassen 1 bis 3, ist nach dem ,Prinzip
des Nesthaften' nach suden ausgerichtet.
Die ,sphare des Erfahrens und Bildens'fUr die
Klassen 4 bis 6 ist nach Ost-West orientiert.
Am Ende der SchuistraBe befindet sich, nach
Norden ausgerichtet, die ,sphare des Geisti­
gen'fur die Klassen 7 bis 8.
1955-1962 wird nach Entwurfen von Hans
scharoun die Geschwister-scholl-schule in
lunen errichtet, die dem Darmstadter Projekt
verwandt ist. Auch dieses Madchengymna­
sium erinnert an eine kleine eigenwillige Sied­
lung. Bei den einzelnen KlassenzimmerfiOgeln
wiederholt sich die Unterscheidung der raum­
lichen Umgebung nach Altersstufen, fur die
Kleinen in Klassenzimmern nach Suden und
fUr die GroBen (im Obergeschoss) mit Blick in
den Himmel. Die besondere Form der Klassen­
einheit, die der Architekt ,schulwohnung'
nennt, umfasst vier Elemente: eine Eingangs­
halle mit Garderobe, den Hauptraum, den
Gruppenarbeitsraum und den Gartenhof.
Die Grundflache der beiden Innenraume
betragt etwa achtzig Quadratmeter.
Der reglementierte schuibetrieb kann
jedoch uber viele Jahre das Angebot einer
old but not yet extinct barrack-type school,
created a space for very subtle design ideas.
First and foremost here were the ideas of Hans
scharoun, which he expressed as early as 1951
in his scheme for a primary school in Darm­
stadt.""
This scheme,23 which was never realised,
was produced for the Darmstadter Gesprache,
a conference on the subject of People and
Space. scharoun's project iilustrates with great
clarity his understanding of the architect's
brief: he saw it as part of a cohesive social and
urban design whole that was still to be cre­
ated. For him, a school is not just a place for
people to develop but also an element of the
new city and a model for a new society. In the
complex organic structure of his school, which
looks like one of his "urban landscapes," he
wanted the character of the different rooms to
match the children's intellectual growth. The
classroom wings of the lower, middle and
secondary school are arranged along an "en·
counter path" with different kinds of communal
spaces for the three age groups. The "elemen­
tary sphere"for years 1 to 3 faces south and
provides "nest-like" environments, The "sphere
of experience and learning" for years 4 to 6 has
an east-west orientation. Althe end of the
path, facing north, is the "intellectual sphere"
for years 7 and 8.
Between 1955 and 1962, the Geschwister
Scholl School in Lunen was buiit to Hans
scharoun's design. It is clearly related to the
Darmstadt project. This girls' grammar school
is also reminiscent of a small idiosyncratic
housing estate. In the individual classroom
Wings the idea of different kinds of space for
different age groups is repeated, the class­
rooms for the young children face south, those
for the aider children are on the first fioor with
a view of the sky. The particular form of the
classroom unit, which the architect calls a
"school apartment," comprises four elements:
an entrance hall with cloakroom, the main
classroom, a room for group work and a garden
42
Das muhsame Ringen um die kindgerechte Schule in Deutschland

13.

P
f
Losl6sung von Oberkommenen Zwangen und
Starrheit nicht nutzen. Heute hat sich die Er­
courtyard. The floor space of the two interior
spaces totals about 80 square metres.
kenntnis durchgesetzt, dass die architektoni·
sche Gestaltung des Gebaudes von Scharoun
However, for many years schools run on
regimented lines were unable to take advan­
so aktuell ist wie kaum zuvor, dass es auch
tage of the opportunity to let go of traditional
nach Ober fUnfzig Jahren die Anforderungen
constraints and rigidity. Today, it is generally
einer modernen lernumgebung und Unter~
accepted that Scharoun's architectural design
for this bUilding is as contemporary as it ever
Wird dieser Schulbau wie fast aile in West~
was and that even after 50 years it still fulfils
deutschland noch mit traditionellen Bau­
the requirements of a modern learning
methoden errichtet, ist in GroBbritannien das
environment and modern teaching methods
Bemuhen, den Bau von Schulen zu industriali~ '"
Whereas this school, like virtually all
sieren, bereits weit fortgeschritten. Ein Bei­
schools in West Germany, was built using
spiel, wie ein Gebaude aus vorfabrizierten
traditional construction methods, in Britain
Modulen (im Gegensatz zu den ,Fabrikschulen' attempts to industrialise school construction
der 1970er Jahre) fortschrittlichen padago­
were already far advanced, An example of how
gischen Anforderungen gerecht werden kann,
a building constructed with prefabricated
zeigt der von W. D. lacey entwickelte Prototyp
modules (in contrast to the "school factories"
fur eine Pri marschule. Die differenziert gestal­
of the 1970s) can meet the needs of pro­
teten Klassenraume offnen sich nicht nur
gressive educational theory, is illustrated by
the prototype for a primary school developed
nach auBen zum Grun hin, sondern auch auf
einen gemeinsamen zentralen Bereich im
by W. D. Lacey. The individually designed
!nnern - heute wurde man von einer ,flexiblen
classrooms not only open onto green space
Lernzone' sprechen. Der Entwurf der engli~
but aIso onto a central interior space used
communally -today we would call it a flexible
schen Primarschule wird 1960 auf der XII.
Mailander Triennale als Musterbau errjchtet.
learning zone. The scheme for the English
Er basiert auf dem sogenannten CLASP~Sysprimary school was erected as a show building
tem, mit dem in GroBbritannien nach dem
at the 12th Triennale in Milan in 1960. It is
Zweiten Weltkrieg ein umfangreiches Schul­
based on what is known as the CLASP system,
bauprogramm realisiert wi rd.
which was used in post-war Britain to realise
Ein weiteres, wie bei Scharoun vom Stadte­
an extensive school building programme.
Another building that took its inspiration
bau inspiriertes Vorbi!d ist die um 1960 ent~
standene Montessori-Schule in Delft von
from urban design - as was the case with
Scharoun's work - is the Montessori School
v
Herman Hertzberger, die bis 2009 in mehreren
in Delft designed around 1960 by Herman
Etappen urn ein Vielfaches erweitert wird. 24
Der Architekt, selbst ein ehemaliger MonHertzberger. It has since been extended in
tessori~SchOler, ordnet die Klassenraume, zu
several stages, the last of which was completed
denen auch eine eigene Garderobe geh6rt, ver~
in 2009. 24 The architect, who as a child had
setzt um einen breiten, maandernden Hallen­
himself attended a Montessori school,
flur an. Der groBe Wert, den die Montessori~
organised the classrooms, each with its own
Padagogik der selbsttatigen Arbeit des Kindes
cloakroom, in a staggered arrangement around
beimisst, die sich auch nicht unbedingt im
a broad, meandering hallway. The huge value
richtsgestaltung erfullt.
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(Italy),1960
Erdgeschoss
Ground floor
3 Versammlungshalle I Assembly hall
4 Klasse / Classroom
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Mailand,1960
2 Eingangshalle / Entrance hall
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S Bastelecke I Niche for
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handicrafts
6 Heizung I Heating
7 Spielhof I Playground
8 lehrerzimmer I Staff room
16
43
The long struggle forthe child-friendly school in Germany
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the 12 th Milan Triennale
1 Eingangshof I Entrance yard
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English primary school at
auf der XII. Trienna!e in
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16 Englische Primarschule
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14.

17 Herman Hertzberger:
Herman Hertzberger;
Montessori·Schule in Delft.
Montessori School in Delft
ab 1960
(Netherlands), from 1960
Erdgeschoss, 2009
Ground floor, 2009
17
I
I
III/II
1
Klassenzimmer abspielen muss, schlieBt eine
beschrankte Funktionszuschreibung der Rau­
me in einer solchen Schule von vornherein aU5.
Fur die verschiedenen Arbeitsformen. alJein
oder in kleinen Gruppen, kann der Klassen­
I
children's self-directed work, which does not
necessarily have to be in the classroom, rules
out from the outset any restrictive allocation
of specific functions to specific rooms.
raum zeitweise zu klein sein, also mussen
For the different types of working - indi­
auch au~erhalb einJadende Bereiche zum
Lemen zur Verfugung stehen. Hertzberger
viduallyor in small groups - a classroom may
sometimes be too smaiL It is therefore essen­
tial to have other inviting spaces available for
learning outside the classroom. To address this,
Hertzberger opened up the classrooms, giving
them windows and glazed doors opening onto
the corridor. Each classroom is allocated a part
6ffnet deshalb die Klassenzimmer dUTch
Ilr
that Montessori educational theory places on
Glasfenster und -turen zum Flur hin. Jedem
Klassenzimmer wird ein Teil des Flurs zuge­
sprochen. Dieser spielt dadurch nicht nur als
,StraBe der Begegnung' eine wichtige Rolle,
sondern auch als Erweiterung der Klassen­
zimmer, als ein mit Leben erfliJlter lernraum,
in dem Kinder auch auBerhalb - aber in Kon­
takt mit der Klasse- arbeiten oder sieh mit
anderen austauschen konnen.
Da die Schuler einer Montessori-Schule fur
die Gestaltung und Pflege ihrer Umgebung
Sorge tragen, ist die Identifikation mit ihrer
Schule hoch entwickelt. Es ist vor allem das
Prinzip der Montessori~Padagogik,die Eigen­
verantwortlichkeit der Kinder zu starken und
ihnen eine individuelle Entwicklung in der
Gemeinschaft zu erm6glichen, das in krassem
Widerspruch steht zum herrschenden Regu­
lierungswahn des Unterr1chts in Deutschland
und zur Angst bei Eltern, Padagogen und
Schulbehorden, eine freie Erziehung fOhre zu
schlechten leistungen.
Schulen der 1970er Jahre
Nach der ersten Epoche des Schulbau­
of the corridor, which then plays an important
role not just as an "encounter path" but also as
an extension to the classroom, as a learning
space that is fiiled with life and in which
children can work independently but still
maintain a relationship with their own class
or discuss their work with others.
Since pupils at a Montessori School have
input into the design and care oftheir environ­
ment, they have a highly developed level of
identification with their schooL It is above
all the Montessori education's principle of
strengthening children's autonomy and
allOWing them to develop as individuals within
a community that is in such stark contradiction
to the prevailing mania in Germany for
regulating teaching and to the fears of parents,
educationalists and school regulators that this
kind of freedom in schools would lead to poor
levels of achievement.
booms entsteht in der Bundesrepublik Anfang
Schools in the 19705
der 1970er Jahre ein neuer Schultyp: d',e Ge­
After the first school building boom, a new
type of school begins to evolve in West
samtschule, die auch zentrale Mittelpunkt­
44
Oas muhsame Ringen um die kindgerechte Schu\e in Deutschland

15.

....-­
~
schule oder Schulzentrum genannt wird. Mit
Germany in the early 1970s: the compre­
hensive school. Equipped with all the latest
will diese Bildungseinrichtung Chancen­
--.) sophisticated technology, this educational
gleichheit fur aile Kinder verwirkllchen. Bald
institution sought to implement a policy of
jedoch gilt die Gesamtschule, auch ihrer ,un­
equal opportunity for all children. However,
sympathischen' Beton-Architektur wegen, in
before long the comprehensive was seen by
the pUblic - partly because of its unappealing
der Offentlichkeit nur noch als burokratische
concrete architecture - as nothi ng more tha n
Lernfabrik, die "strapazierte Lehrer ratIos
a bureaucratic "learning factory" that Der
macht und vernachlassigte Schuler aggressiv",
wie Der Spiegel 1980 resumiert, als "unwirk­
Spiegel summed up in 1980 as "leaving ex­
liches Labyrinth, in dem Lehrer und Lernende '" ha usted teachers at the end of their tether
aneinander vorbeiirren und Erziehung verand making neglected students aggressive,"
loren geht".25
or as "a surreal labyrinth, in which teachers
In den neuen Gesamtschulen ist der
and students miss each other in the confusion
and education gets completely 10St."25
Klassenraum alter Pragung obsolet geworden.
Nunmehr sind Raume fur unterschiedliche
In the new comprehensive schools, the old­
style classroom has become obsolete. Rooms
Nutzungen mit veranderbarer Gr6~e gefragt.
Es entstehen Gro~raume, die mit Tageslicht
for different uses, which can be made larger or
smaller, are now called for. Large rooms are
nicht mehr ausreichend zu beleuchten sind
created, which cannot be adequately lit with
und deren BelOftung auf naturliche Weise
natural light and cannot be naturally ven­
nicht mehr gewahrleistet ist. Beleuchtungs­
und Klimatechnik, sonst bei GroBraumburos
tilated either. Lighting and air-conditioning
technology, which is otherwise used in open­
angewandt, wird nun auch in Schulen ein·
plan offices, is now installed in schools. Rooms
gesetzt. Raume, die lediglich fur kurze Zeit
genutzt oder haufig verdunkelt werden,
that are only used for short periods of time
or are often blacked out have to do without
mussen ohne Fenster nach drauBen aus­
windows to the outside world. 'Visual contact
kommen. ,Sichtkontaktfenster' sollen eine
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allen technischen Raffinessen ausgestattet,
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Ferd Fesel, Michael von
Torne: Comprehensive
in Kronberg/Taunus,
school in KronbergfTaunus,
1972-1974
1972-1974
Allgemeiner Unterrichts-
General classrooms on the
bereich im Obergeschoss
upper floor
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18 Ferd Fesel, Michael
von Torne: Schulzentrum
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The long struggle for the child-friendly school in Germany
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16.

nati..irliche Tageslichtorientierung ermog­
lichen, wahrend die Raumbeleuchtung die
windows" are meant to facilitate daylight
orientation, while the artificial lighting
gesamte Unterrichtszeit uber angeschaltet
remains on in the classroom throughout the
bleibt. Die glasernen Schulen der Nachkriegs- ' " entire lesson. The glass school bUildings olthe
zeit, die aus der lang umkampften An­
post-War years, which had evolved from the
erkennung heraus entstanden waren, dass
hard-fought recognition that natural light
natUrliches Licht und Grun unerlasslich sind
and green space are crucial for the healthy
fur die gesunde Entwicklung von Kindem und
development of children and young people,
Jugendlichen, waren der bffentlichen Hand ini\ had become too expensive for the public
Bau und in der Unterhaltung mittlerweile zu
coffers to build and maintain.
teuer geworden.
Gunter Behnisch baut gegen den Trend der
Gesamtschulen und mischt sich auch in die
Debatle urn sie ein. Er kritisiert den Ansatz
dieser Komplexe, die zwei- bis dreitausend
Schuler konzentrieren. als "technokratisch.
administrativ". "Man nimmt dem Dori, dem
Ort, dem Stadtteil seine Schule und damit
auch die M6glichkeit, mit dieser Schule andere
als rein schulische Probleme zu bewaltigen."
Behnisch fordert: "Die Schule muss yom Ort
gepragt sein.ln ihren Personen, ihrer Orga­
nisation, ihren Bauten. Das soUten wir nicht
der Kultusverwaltung uberlassen, die in allen
Schulen Gleiches sehen muss. Wir durfen und
mussen das Spezielle. das Individuelle
suchen."26
1973 vollendet sein Bure das Pregym­
nasi urn auf dem Schafersfeld in Lorch.271m
Gegensatz zur vorherrschend rigiden und
additiven Raumorganisation im Schulbau
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19 Gunter Behni~ch:
Gunter Behnisch: Pro­
Progymnasium auf dem
gymn.lsium on Schafersfeld
SchiHersfeld in Lorch, 1973
in Lorch, 1973
Klassengeschoss
Classroom level
I
konzipiert Behnisch eine leichte, lichtdurch­
flutete Schule, die sich wieder auf eine raum·
liche Mitte konzentriert. Die zentrale Halle,
die auch einen Tei! des inneren Verkehrs auf­
nimmt, stellt den Mittelpunkt des Schullebens
dar. Sie dient als Gemeinschaftsbereich. Ver·
sammlungsraum und als flieBender Obergang
zu den Klassenraumen, die sich um den Kern
gruppieren. Diese sind fUnfeckig, lassen sich
frei nutzen, vielf<iltig moblieren. auch unter­
teilen und zu groBeren und kleineren Raumen
zusammenfassen. 28
Aus der (Schulbau-)Geschichte lernen
Auch andere Architekten lehnen den bei
vielen Gesamtschulen zur Schau gestellten
technokratischen Funktionalismus abo Seit
den 1980er Jahren, in denen die Anzahl der
Schuler sich betrachtlich und kontinuierlich
verringert, ruckt die anspruchsvolle architek­
tonische Gestaltung in den Vordergrund.
Baukunst ist wieder gefragt_ Man hoff!, durch
eine yom Architekten individuell entwickelte
Formensprache zu einer kinderfreundlichen
Schule zu kommen. die sich als fur den spe­
zifischen Ort geschaffen darstellt, also in
Vorhandenes einordnet und dieses erganzt.
Insbesondere die Wiederbelebung historischer
Architekturiormen verbunden mit dem
Gunter Behnisch bucked the trend in com­
prehensive school buildings and also got in­
volved in the debate aboutthem. He criticised
the underlying approach olthese complexes,
which concentrated 2000-3000 pupils in one
place, as being the work of "technocrats and
burea ucrats." "The village, town. or urba n
neighbourhood is being deprived of its school
and with it of the possibility of using the
school to tackle other problems beyond those
that concern just the school." Behnisch
demanded, "Schools must be influenced by
their particular place. That applies to their
people, their organisation, their buildings.
We should not leave that to the education
authorities, who have no choice but to see
uniformity in all schools. We should, and
indeed must, seek specialness and
individuality:'26
In 1973, Behnisch's practice completed
the Progymnasium on Schafersfeld in LorchP
By contrast with the prevailing rigid spatial
organisation in school buildings, Behnisch
designed an airy school flooded with daylight
that was once more focused around a central
space. The central hall, which is also an
internal circulation element, is the focal point
of school life. It is used as a communal area,
assembly hall and as a free-flowing transition
to the classrooms that are grouped around
this core space. The classrooms are pentagonal
and suitable for varied uses and a range of
different furniture. They can be subdivided
into smaller spaces or joined together to form
larger ones. 28
Learning from history
Other arch itects also rejected the technocratic
functionalism flaunted by many comprehen­
sive schools. Since the 1980s, during which
pupil numbers steadily declined on a signifi­
cant scale, high-quality architectural design
has come to the fore. Architecture is once
more in demand. The hope is that an indi­
vidual formal language developed by an
architect will create a ch ild-friendly school
that has obviously been designed for a specific
place. i.e. fits in with and complements what
is already there. In particular, the revival of
historical architectural forms, combined with
46
Das muhsame Ringen um die kindgerechte Schule in Deutschland
,

17.

~
IJI"""'"'"""
ROckgriff auf urbanistische Leitbilder der
revisiting the urbanist pri nci pIes of the preVormoderne, wie sie zum Beispiel Aldo Rossi
modernist era, as introduced into school
auch im Schulbau einfOhrt29, sollen Ober die
architecture by Aldo Rossi for exa mple,29 is
Schule hinaus Identitat stiften und ihre
intended to create a sense of identity that
gesamte Umgebung zu einem lebenswerten
goes beyond the school and to make the
Ort machen.
environment in which the school is set a viable
and valued place to live.
Aber was "nlcht selten von Architekten als
Inbegriff kinderfreundlicher Gebaude deBut that wh ich "is decla red by architects to
klariert wird, erscheint SchGlern und Lehrern
be the epitome of a child-friendly building is
als Ausdruck von Trostlosigkeit, Kalte oder
\ j often perceived by pupils and teachers to be a
Brutalitat".3o Dem Erziehungswissenschaftler
manifestation of desolation, coldness or bru­
Christian Rittelmeyer gebOhrt das Verdienst, "-, tality."30 Educationalist Christian Rittelmeyer
durch zahlreiche empirische Untersuchungen
must take credit for having produced evidence,
nachgewiesen zu haben (wovon Reform'i based on numerous empirical studies, backing
up what educational reformers always bepadagogen immer ausgegangen sind), dass
die architektonische Gestaltung von Schul'" lieved, that the architecture of school build­
gebauden erheblich zur positiven oder negajngs has a significant positive or negative
effect on the learning atmosphere in a school.
tiven Lernatmosphare in einer Schule beitragt.
Zwar seien, so Rittelmeyer, in den 1980er
Rittelmeyer points out that although "a
und frGhen 1990er Jahren "einige Schulhandful of school buildings of a new kind"that
bauten neuer Art" entstanden, die Kriterien
fulfilled at least some of the criteria for pupilder SchOlerfreundlichkeit mindestens in
friendliness were built in the 1980s and early
Teilbereichen erfOllten, aber der Haupttrend
1990s, the principal trend was moving in a
ginge in eine andere Richtung: "Monotonie
different direction: "Monotonous fa~ades and
der Fassaden- und Innenraumgestaltung auf
interiors. on the one hand, and frenetic colour
der einen, hektische und daher bedrangend
schemes that are either intrusive or suggest­
ive, on the other hand, prevail alongside cold
beziehungsweise suggestiv wirkende Farbgebungen auf der anderen Seite herrschen
greyish blue steel and glass buildings." And:
eben so vor wie kalt anmutende graublaue
"Still people design oversized monumental
Glas-Stahl-Sauten." Und: ,,1m mer noch
buildings and win prizes for them."31
The realisation that schools are experi­
werden monumentale GroBbauten geplant
und preisgekront."31
enced by their users as being upbeat, sad,
Die Erkenntnisse darGber, dass Schulen von
brutal. talkative, lively, rigid, playful, bleak,
violent, devoid of history or character, or
ihren Nutzern als beschwingt, traurig, bruta I,
geschwatzig, lebendig, erstarrt, verspielt,
t emancipating,32 has triggered other academic
trostlos, gewalttatig, gesichts- und charakter- \ work on the psychology of school architecture,
los oderfreilassend}J erlebt werden, haben
~which can now provide some insight into
andere wissenschaftliche Arbeiten zur Archiwhich characteristics of a bui Iding encourage
tekturpsychologie der Schule nach sich gepupils' identification with their school and
lOgen, die inzwischen Aufschluss darOber
which do not. Thus, it can no longer be merely
geben k6nnen, welche baulichen Vorausa question of how imaginative and unusual
the architect should be when design ing a
setzungen eine Identifikation der SchOler
mit ihrer Schule ford ern und welche nicht.
school. Or: how can a school be made more
Die Frage kann also heute nicht mehr (ausattractive? The core question must be: what
schlieglich) lauten: Wie fantasievoll und
areas and what rooms have to changed in
unverwechselbar 5011 der Architekt beim
order to promote ch ild-centred education?
Schulbau vorgehen? Oder: Wie kann eine
In greatest need of change is the classroom,
Schule noch verschanert werden? Sondern:
which - despite the fact that different layouts
Welche Bereiche und welche Raume der
have proved their value in practice - has seen
Schule mOssen verandert werden, um eine
hardly any changes at al1. 33 Since 2001 at
kindgerechte Padagogik zu fordern?
the very latest, when the GEeD's PISA study
Der graBte Veranderungsbedarf besteht
revealed that the state of education in Ger­
beim Klassenzimmer, das trotz der bewahrten . man schools was disastrous, as a result of
Beispiele anderer Zuschnitte, bis heute kaum
which more selfdireeted work was introduced
Anderungen erfahren hat. B Spatestens seit
into school lessons, the question of what ki nd
2001, als die PISA-Studie der GEeD eine kataof spaces were needed to accommodate that
strophale Bildungssituation an deutschen
kind of teaching had to be addressed more
Schulen festgestellt hat und im Zugedessen
urgentiythan ever. Forthe core lessons, the
vermehrt die Selbsttatigkeit der Schuler im
classroom remains the most important space,
Unterricht eingefOhrt wird, stellt sich die FraBut it is crucia I that foyers, corridors, libraries
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47
The long struggle for the child·friendly school in Germany
-~--------=--t - ­--------­
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20
20 Aida Rossi: Gebaude·
Aida Rossi: Study of build­
stu die zur Mittelschule in
ing types for a middle
Broni (11atien), 1979-1982
school in Broni (Italy),
1979-1982

18.

21 Evangelische Gesamt­
Protestant comprehensive
schule in Gelsenkirchen*
In Bismarck, Gelsenkirchen.
Bismarck,1997-2004
1997-2004
Photo: Hans Blossey, 2003
ge nach dafur geeigneten Raumen dringender
als zuvor. FOr den Kernunterricht bleibt das
Klassenzimmer weiterhin der wichtigste
Raum. Aber Vorraume, Flure, Bibliothek und
Augenraume mOssen fur kleine Gruppen oder
Einzelarbeit ebenfalls genutzt werden k6nnen.
Es geht also nicht nur um das offene Klassen*
zimmer, sondern insgesamt um offene und
kommunikative Raumkonzepte in der Schule,
and outdoor spaces can also be used for
small groups or individual work. Thus, it is not
simply about open*plan classrooms, but about
concepts for open and communicative spaces
in schools, which facilitate as far as possible
the unhampered development of different
ways of working and different recreational
activities.
welche die mbglichst ungehinderte Entfaltung
most part design schools around criteria that
verschiedener Arbeitsformen und Freizeitakti­
vitaten erm6glichen.
Zwar uberwiegt noch das Klagen daruber,
dass Architekten Schulen meist unter grund­
legend anderen Gesichtspunkten planen, als
sie Schulern und Lehrern wichtig erscheinen,
aber es gibt auch einen neuen Trend, der die
Bedurfnisse der Nutzer - der Schuler und
Lehrer - ernst nimmt und ihnen entgegenzu*
kommen versucht. Ein Pionierbau dieser
Wende ist die Evangelische Gesamtschule
Gelsenkirchen, die das Architekturburo Hubner,
Forster, Hubner, Remes 2004 errichtet hat. Das
are fundamentally different from what pupils
Although com pia ints that architects for the
and teachers feel are important still pre­
dominate, there is nevertheless a newtrend
towards taking seriously the needs of users­
pupils and teachers - and trying to meet
them. A pioneering building in this respect
is a Protestant comprehensive school in
Gelsenkirchen, designed by Hubner, Forster,
Hubner, Remes and built in 2004. What is
special about this school is the fact that it was
designed and built as part of a long process of
working in partnership with the pupils and
teachers.3 4
Besondere dieser Schule ist, dass sie in einem
langen prozess gemein5am mit den Schulern
und Lehrern geplant und rea I··
ISlert wur de. 34
Das Ergebnis ist eine kleine Stadt aus
unterschiedlich gestalteten Gebauden mit
einem zentralen Platz, Stra~en, ,Gaststatte',
Theater', Bibliothek, ROckzugsbereichen, viel
~run innen und au~en, einem platschernden
Bach und abwechslungsreichen Ein- und
Ausblicken dort, wo man sich gerade befindet.
Die architektonischen Impulse, die Hans
scharoun vor uber funfzig Jahren ausgesendet
hat, sind hier nach modernen padagogischen
Grundsatzen umgesetzt worden, letztlich aber
auch nach der mittlerweile uber hundert*
jahrigen reformpadagogischen Erkenntnis,
dass Lernraume auch gleichzeitig Lebens­
raume sein mussen, die den Menschen in
seiner Entwicklung ganzheitlich fardern.
Nicht nur der Neubau von Schulen - der in
Zukunft auf Grund we iter sinkender SchOler*
zahlen und mit dem stets wiederkehrenden
Verweis auf die leeren 6ffentlichen Kassen
stark zurGckgehen wird - bietet neue Chancen.
Bei den zahlreichen Schulen, die umgebaut
und renoviert werden mussen, sollte die Neu­
gestaltung Endlich nicht mehr allein den
Beharden und Architekturburos uberlassen
werden. Die Schulen selbst mussen sich Kom­
petenz fur die eigene gestaltende Mitarbeit
verschaffen. Auch hierf[jr gibt es bereits er­
mutigende Beispiele insbesondere beim
Umbau berOchtigter Siebziger-Jahre*Schulen
wie sie die Kathe-Kollwitz-Schule in Lever­
kusen einmal war. 3S Dass sich selbst Schulen,
die noch aus der Grunderzeit stammen, mit
Fantasie der SchOler und kompetenter Unter­
stOtzung von Architekten augergew6hnlich
verwandeln lassen, zeigt das Beispiel der
Erika-Mann*Grundschule in Berlin.3 6
All dies bedeutet aber nicht, dass Schul­
architektur selbst Erziehungsfunktion uber­
nehmen, gesellschaftliche und padagogische
Defizite wettmachen kann. Unter Erziehungs­
wissenschaftlern besteht Konsens· Die
sozialpsychologischen EinflussgraB~n, also
Beziehungen, Gesprach, Sozialklima der
Klasse, Attraktivitat des Unterrichts und
The result is a small "town" consisting of
buildings in different styles with a central
plaza, streets, restaurant. theatre, library,
secluded spaces, abundant planting inside
and outside, a stream running through it and
a variety of su rprising views from allover the
site. The architectural inspiration that came
from Hans Scharoun over 50 years ago has
been adapted to modern education prinCiples
and translated into built reality in this school,
but so has the insight that educational
reformers have had for over 100 years that if
spaces are to be conducive to learning they
also have to be life-enhancing environments
that foster whole-person development.
But it is not only building new schools­
something which will decline sharply in the
future as pupil numbers continue to fall and
politicians repeatedly point to the empty
pu blic coffers - that offers new opportun ities.
In the vast number of schools that need to be
remodelled and refurbished, the time is long
overdue for the work to be taken out of the
sole hands of planning and education autho­
rities and architects' practices. The schools
themselves must develop the competence
they need to have real input into the design
process. Here, too, there are already a number
of encouraging examples, particularly of
schemes to remodel the notorious schools
from the 19705, which the Kathe Kollwitz
School in Leverkusen once was. 35 The fact
that even schools that date back to the late
19th -century Grunderzeit can undergo extra­
ordinary transformation with the imagination
of the pupils and the competent support of
architects is illustrated by the example of the
Erika Mann Primary School in Berlin. 36
However, this does not mean that school
architecture can take over education's role,
nor can it make up for social and educational
deficits. There is a consensus among edu­
cationalists: "socia-psychological factorsi.e. relationships, communication, the social
atmosphere in a class, how attractive lessons
are and whether there are opportunities for
pupils to have a say in the life of the school­
have a more decisive influence."37 Children
Mbglichkeiten der Mitgestaltung des Schul­
and young people must be able to playa
lebens, sind ausschlaggebender."37 Kinder
und Jugendliche mussen an ihren Bildungs­
prozessen verantwortlich beteiligt werden.
Denn nur wenn der Wunsch, etwas zu wissen,
zu kannen und zu verstehen, in ihnen seIber
wurzelt, werden sie Schwierigkeiten meistern
responsible part in their own education.
Because only when the desire to know or
understand something, orto know howto
do something, originates within the pupils
und Selbststandigkeit erlangen. Schuler
mussen in derSchule erleben kannen, so
formul~ert es der Padagoge Andreas Flitner,
"dass sle seiber tatig sind und dass sie durch
das, was sie lernen, wachsen".38
themselves, will they be able to master diffi­
culties and become self-reliant. In the words
of educationalist Andreas Flitner, pupils need
to experience in the school setting, "that they
are active in their own learning and that it is
what they learn that enables them to grow."38
21
48
Oas muhsame Ringen um die kindgerechte Schule in Deutschland
49
The long struggle for the child-friendly school in Germany

19.

Anmerkungen
27 See also pp. 240-243
Notes
1 Das Buch von Ellen Key erschien 1902 in Deutschland
und hatte bereits 1926 die 36. Auflage erreicht.
2 Bundesministerium fUr Familie, 5enioren, Frauen und
27 5iehe auch 5. 240-243 in diesem 8uch.
1 Ellen Key's book was published in Germany in 1902 and
2 Federal Mirllstry of Family AffaIrs, Senior Citizens, Women
and Youth (eds.). Zehnter Kinder- und Jugendbericht, Bonn
199B,S.158.
1998, p. 158.
1992,5,82 ff.
29 Siehe auch S. 244/245 in diesem Buch.
30 Vgl. christian Rittelmeye r, "Qualitatskriterien
schurergerechter 5chulbauten. Ein Einblick in die
3 A.S. Neill's private school in Summerhill, which in the
intematianare 5chulbauforschung", in: Bund Deutscher
1960er und 197Der Jahren zu einem Wallfahrtsort
196050 and 197050 became a place of pilgrimage for anti­
Architekten (Hg.), Lernraum Schule. 1. Marler Symposium
antiautorita rer Erzieher wird, steM zum Beispiel in der
aLlthoritarian educators, is, for example, part of the
zu Architektur & piidogagik, Gelsenkirchen 2009, S. 5.
Tradition der KinderrepubJiken, die verhindern wollen,
trad ition of children's republics that sought to prevent the
dass sich das Scheitern der Erwachsenenwelt an Kindern
frustrations of the adult world from simply repeating
einfach wiederholt.
themselves in children's lives.
4 Vgl. Martin Eisaesser: "Der Schulbau" in: Martin E!5aessel
31 Ebenda, 5. 10.
32 Kriterien nach Rittelmeyer.
33 Auch bei aktuellen publikationen ,guter'
4 CF. Martin flsaesser:"Der Schulbau" in: MorUn Eisaesser­
Schularchitekturrallt auf, dass die meisten
- Bauten und Entwurje aus den Jahren 1924-1932, Bd. 2,
Bauten und fntwurje aus den Jahren 1924-1932. vol. 2,
Klassenzimmer immer noch den 5tandardgrundriss
Berlin 1933, 5.163.
Berlin 1933, p.163.
aufweisen und konventionell an F1uren liegen.
5 Vgl. Andreas Flitner, Reform del Erziehung.lmpulse des 20.
5 Cf. Andreas Flitner, Reform der Erziehung./mpulse des 20.
34 Vgl. Peter Hubner, Evangelische Gesamtschule
Jahrhunderts. JenaerVollesungen, 2. Auflage, Munchen
Jahrhunderts. JenaerVorlesungen. 2nd edition, Munich
Gel~enkirchen, Kinder bouen inre Schule/Children make
und Zurich 1993, S. 77ff.
and Zurich 1993, pp. 77ff.
their school
6 Vgl. Iitat von Hellmut Becker, in: Karl Otto, Schulbau,
Beispiele und fnfwicklungen, Stuttgart 1961,5.12.
7 Vgl. Maike Bruhns, "GraBstadtkultur und Baukunst. Fritz
6 Cf. quotation from Hellmut Becker, in; Karl Otto, Schulbou.
Beispiele und Entwicklungen, Stuttgart 1961, p. 12.
7 Cf. Maike Bruhns,"Grofhtadtkultur und Baukunst. Fritz
Schumacher in Hamburg", in: Hartmut Frank (Hg.), Fritz
Schumacher in Hamburg," in: Hartmut Frank (ed.}. Fritz
Schumacher. Refarmkultur und Moderne, Hamburg 1994,
Schumacher. Reformkultur und Moderne, Hamburg 1994.
5.114 ff.
29 See al~o pp. 244/245 in this book.
30 Ct. Christian Rlttelmeyer, "Qualitatskr'.terien
~chLJlergerechter Schul bauten. Ein Ein blick in die
internatlOnale Schul baufor~chu ng," In: Bu nd Deutscher
Architekten (eds.), Lernraum 5chule.1. Marler Symposium
zu ArchJtektur & Padagogik, Gelsenkirchen 2009. p. 5.
31 Ibid, p. 10.
32 Rittelmeyer's criteria.
33 Even in current publications on "good" school
archlfecture, it is striking that most classrooms still have
the same standard layout and are organised in a
conventional arrangement along corridors.
34 Cf Peter Hubner. Evangelische Gesamtschule
Gelsenkirchen, Kinder bauen Ihre Schule/Chlldren make
their school
35 5iehe auch S. 270-273 in diesem Buch.
35 See also pp. 270-273 in this book..
36 5iehe auch S. 2B2-287 in diesem Buch.
36 See also pp. 282-287 in thiS book.
37 Kinder- und Jugendbericht (wie Anm. 2), 5.123.
37 Kinder- und Jugendbericht (see note 2), p.123.
38 Ebenda, 5. 147.
38 Ibid, p.147.
pp. 114 ff.
8 Fritz Schumacher. Stromungen in deuhcherBaukunst seit
1800,1. Auflage, Koln 1955. 5.164.
8 Fritz Schumacher. Stromungen in deutscher Baukunst seit
1800, 2nd edit',on. Cologne 1955, p. 164.
9 Siehe auch 5.115-117 in diesem Buch.
9 See also pp. 115-117 in this book
10 Siehe auch 5.121-125 in diesem Buch
10 See also pp. 122-125 in thiS book.
11 Siehe z. B. Schule von Max Taut, S. 118-121 in diesem
11 See, for example, the school by MaxTaut, pp.l18-121 in
Buch.
this book.
12 Siehe "il.uch 5.138/139 in diesem Buch.
12 See also pp.138-139 in this book.
13 Siehe auch 5.142/143 in diesem Buch.
13 See also pp.142/143 in this book.
14 Siehe auch 5.146-149 in diesem Buch.
14 See also pp.146-149 In this book.
15 Zur Wiederelnfuhrung ruckstandigerSchulbauprin­
15 On the reintroduction of outdated school architectu re
zipien (das gilt aUerdings nicht fur die Heranzuchtung
principles (which, of course, did not apply to institutions
der nationalsozialistischen Elite in Napolas und Ordens­
such as Napolas and Ordensburgen, which were breeding
burgen) vgl. Karl Bonatz: "Schulneubauten im Ver­
grounds for the Nazi elite) cf. Karl Bonatz; "Schul neLl­
waltungsbezirk Ber\in-Neukolln". in: Anna Teut, Architek­
bauten im Verwaltungsbezlrk Berlin-NeukQl,ln." in: Anna
tur im Dritten Reich 1933-1945, Berlin. Frankfurt/M.
Teut.Architektur im oritten Reich 1933-1945, Berlin,
Wien 1967, S. 239. Die Auslassungen von Bonatz sind
Frankfurt/M., Vienna 1967, p. 239. Bonatt's arguments
auch 11.150 Replik auf das Projekt Dammwegschule zu
should also be regarded as a riposte to the Dammweg
verstehen, deren Initiatoren nach 1933 emigrieren
school project, whose Initiators were forced into exile
mussen.
after 1933.
16 Die denkmalgerechte Sanierung der Schule, die heute
die freie Waldorfschule Berlin-Mitte beherbergt, wurde
2002abgeschlossen.
16 The conservation refurbishment of the school, which
now houses an independent school (Waldorfschule
Berlin-Mitte). was completed
17 Siehe auch S. 234/235 in diesem Buch.
In
2002.
17 See also pp. 234/235 in this book.
18 Zit. nach Alfred Roth, Dos neue Schulhous, Zurich 1964.
18 Quoted in: Alfred Roth, oas neue Schulhous. Zurich 1964
19 Vgl. ebenda, insbesondere Kapitell und II, 5. 8-69.
19 Cf. ibid, especially Chapters I and II, pp. B-69.
20 Siehe auch 5.170-173 in diesem Buch.
20 See also pp. 170-173 in this book.
21 Vgl. Der Spiegel, 14.10.1953, S. 29-31, hier S. 29.
21 Cf oer Spiegel. 14.10.1953, pp. 29-31, here p. 29.
22 Ulrich Conrads in seiner Einleitung zu: Neue deutsche
22 Ulrich Conrads in his introduction to Neue deutsche
Architektur 2, Stuttgart 1962.
Architektur 2, Stuttgart 1962
23 5iehe auch S. 188/189 in diesem Buch.
24 Siehe auch Herman
this book.
1992, pp 82 ff.
by 1926 was already in its 36 th edition.
Jugend {Hrsg.}, Zehntel Kinder- undJugendbelicht, Bonn
:I Alexander Neills Privatschule in Summerhill, die in den
28 Vgl. Behnisch & portner. Bauten 1952-1992, Stuttgart
IrI
28 Cf Behnisch & Partner, Bauten 1952,1992, Stuttgart
Hertzberger~ De
Salamander-5chule
von 2007, S. 274-277 in diesem Buch.
23 See also pp. 188/189 in thiS book.
24 See also Herman Hertzberge"s De Salamander School
from 2007, pp. 274-277 in this book.
25 Vgl. Del Spiegel, Nr.17, 1980 und Nr.1B, 1981.
25 Cf Der Spiegel, No.n, 1980 and No. 18, 1981.
26 "Unbehagen am Schulbau der Gegenwart': Interview
26 "Unbehagen am Schulbau der Gegenwart, "Interview by
von Max FengJer mit Gunter Behnisch, in: Architektur +
Max Fengler with Gunter Behnisch, in: Architektur +
Wonnwelt, 5, 1975, S. 319, 323.
Wohnwelt, 5, 1975. pp. 319, 323.
50
Das muhsame Ringen um die kindgerechte 5chule in Deutschland
51
The long struggle forthe child-friendly school in Germany
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